IHK Aachen: Die Stimmung kippt...

© IHK Aachen/Jörg Hempel

Die Stimmung in der Wirtschaft kippt aktuell, berichtet die IHK Aachen aufgrund ihre neuen Herbstumfrage.

Noch beurteilen die Unternehmen hier bei uns ihre Lage überwiegend positiv, allerdings blicken sie äußerst pessimistisch in die Zukunft.

Die Wirtschaft steht vor einem Wendepunkt – oder hat ihn sogar schon überschritten, sagt Michael F. Bayer, der Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen.


© IHK Aachen/Highcharts.com
© IHK Aachen/Highcharts.com

Ein Drittel der befragten Betriebe ist mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden, bei knapp jedem vierten haben sich die Geschäfte verschlechtert. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, die weiterhin hohen Energiekosten und die starke Inflation haben zu einer deutlichen Kaufzurückhaltung und einem Nachfragerückgang geführt, heißt es. Und das belaste die Planungssicherheit der Unternehmen. In der Industrie hätten inzwischen schon 15 Prozent aller Betriebe Kurzarbeit angemeldet, weitere 5 Prozent rechnen damit kurzfristig.

Die aktuellen Herausforderungen wirken sich auch auf die Ertragslage aus, die sich bei der überwiegenden Zahl der Befragten verschlechtert hat. Für die kommenden Monate rechnet rund ein Drittel mit schlechteren Geschäften, kaum jeder Fünfte geht von einer Verbesserung aus. Auch beim Export erwartet die Mehrzahl einen Rückgang der Geschäfte.

Trotz aller Sorgen bleiben die Investitionspläne und auch die Beschäftigungsabsichten aber noch weitgehend stabil. Aufgrund des unverminderten Arbeits- und Fachkräftemangels bemühen sich die Unternehmer, das Personal trotz der schwierigen konjunkturellen Lage zu halten. Die Hälfte der Firmen kann offene Stellen momentan nicht besetzen. Wegen der überwiegend schlechten Stimmungslage rechnen die Unternehmerinnen und Unternehmer in den kommenden Monaten nicht mit einem Anstieg der Mitarbeiterzahlen – von einem Personalabbau gehen sie jedoch auch nicht aus. 22 Prozent der Befragten erwarten, dass die Zahl der Mitarbeitenden steigen wird, ebenso viele rechnen hingegen mit weniger Beschäftigten. Die Hälfte Betriebe gibt an, dass offene Stellen derzeit für einen längeren Zeitpunkt nicht besetzt werden können. Das gilt vor allem für das Gastgewerbe (64 Prozent), den Handel (58 Prozent) und das Baugewerbe (57 Prozent). Im Schnitt sind bei diesen Unternehmen derzeit sechs Positionen unbesetzt.

Gesucht werden vor allem Arbeitskräfte mit einer dualen Ausbildung. Sie sind bei 60 Prozent aller Betriebe gefragt, im Handel sind es sogar 69 Prozent. Aber auch Fachwirte, Meister und Menschen mit vergleichbaren Weiterbildungsabschlüssen werden von 49 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer und damit überdurchschnittlich oft gesucht – im Baugewerbe sogar von zwei Dritteln der Befragten. Und obwohl sich die Erwartungen für die kommenden Monate deutlich verschlechtert haben, bleiben die Investitionsabsichten nahezu unverändert – wenngleich auf niedrigem Niveau. 24 Prozent wollen in den kommenden Monaten mehr investieren, 22 Prozent wollen ihre Investitionsausgaben senken.

© IHK Aachen/Highcharts.com
© IHK Aachen/Highcharts.com

Als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung sehen sechs von zehn Unternehmern inzwischen einen Rückgang der Inlandsnachfrage, fast genausoviele befürchten, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel die Konjunktur ausbremst.

Steigende Energie- und Rohstoffpreise werden von 56 Prozent der Befragten als Herausforderung genannt – deutlich weniger als zum Jahresbeginn, da waren es noch 78 Prozent.

© IHK Aachen
© IHK Aachen

In der Industrie berichtet eine kleine Mehrzahl der Unternehmerinnen und Unternehmer von einer guten Geschäftslage, die negativen Bewertungen sind seit der zurückliegenden Befragung jedoch weiter gestiegen. Jeder Vierte ist mit der Lage nicht zufrieden, jeder Dritte meldet noch gute Geschäfte. Bei der überwiegenden Zahl der Betriebe sind die Umsätze in den vergangenen Monaten gesunken. Die Auslastung der Produktionskapazitäten ging um 2 Prozentpunkte auf 80 Prozent zurück und liegt damit unter dem langjährigen Durchschnitt von 81,0 Prozent.

Bei den Dienstleistern hat sich die Lage seit dem Frühjahr leicht verschlechtert, bleibt aber noch deutlich im positiven Bereich. 42 Prozent der Befragten geben an, dass sie mit ihren Geschäften zufrieden sind, 19 Prozent sind es nicht. Bei 44 Prozent sind die Umsätze in den zurückliegenden Monaten gestiegen, bei jedem Dritten gesunken.

Der Handel leidet weiterhin unter der hohen Inflation und der Kaufzurückhaltung der Kunden. Nur jeder sechste Befragte ist mit der aktuellen Lage zufrieden, 29 Prozent berichten von einer negativen Lage. Das sind die niedrigsten Werte seit 20 Jahren. Im Großhandel hat sich die Geschäftslage deutlich verschlechtert: Nur noch 8 Prozent sind mit den aktuellen Geschäften zufrieden, vier von zehn Befragten sind unzufrieden. Im Einzelhandel bewerten die Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Lage weiterhin nahezu ausgewogen. Jeder Vierte berichtet von guten Geschäften, annähernd jeder Fünfte von schlechten.

Die Befragten im Baugewerbe bewerten die aktuelle Geschäftslage weiterhin positiv. 42 Prozent sind zufrieden, bei nur 4 Prozent haben sich die Geschäfte verschlechtert. Jeder zehnte Betrieb meldet darüber hinaus eine gestiegene Bauproduktion in den vergangenen Monaten, bei jedem vierten Unternehmen ist sie zurückgegangen. Die Auslastung der Maschinen und Geräte hat wieder leicht zugelegt.


Der Exportumsatz in der Industrie hat sich in den zurückliegenden Monaten rückläufig entwickelt. 27 Prozent der Befragten berichten von Umsatzwachstum, bei 37 Prozent ist der Umsatz gesunken. Die Auftragseingänge aus dem Ausland haben sich ebenfalls rückläufig entwickelt. 22 Prozent der Betriebe melden eine steigende, 38 Prozent eine sinkende Exportnachfrage. Dementsprechend erwarten die Betriebe in den kommenden Monaten mehrheitlich auch keinen Anstieg des Exports. Nur rund ein Sechstel rechnet mit mehr Nachfrage aus dem Ausland, jeder Vierte mit einem Rückgang.


Die Ertragslage hat sich bei den Unternehmen in den zurückliegenden Monaten ebenfalls verschlechtert. Bei vier von zehn Betrieben sind die Erträge zurückgegangen, jeder fünfte gibt an, dass sie gestiegen sind.

© IHK Aachen
© IHK Aachen

Die Lage in der Städteregion Aachen: Stadt Aachen

Die Situation der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Stadt Aachen bleibt auf einem hohen Niveau positiv. 45 Prozent berichten von guten Geschäften, 16 Prozent sind unzufrieden. Die Erwartungen haben sich sogar verbessert: 28 Prozent sind optimistisch, 18 Prozent schauen mit Sorgen in die Zukunft.


Die Lage in der übrigen Städteregion Aachen

Im ehemaligen Kreis Aachen haben sich die negativen Lagebewertungen erhöht, der Saldo bleibt aber auch dort positiv. 36 Prozent der Befragten sind mit ihrer Lage zufrieden, 18 Prozent melden schlechte Geschäfte. Die Aussichten haben sich hingegen deutlich eingetrübt: Nur noch 14 Prozent der Befragten erwarten eine positive Entwicklung, 35 Prozent rechnen mit schlechteren Geschäften.


Bei der aktuellen Konjunkturumfrage hat die IHK Aachen mit den Vereinigten Industrieverbänden von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e. V. (VIV) kooperiert und Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam befragt. Beteiligt haben sich rund 330 Unternehmen mit mehr als 29.000 Beschäftigten. Der Konjunkturbericht ist auf der Internetseite der IHK Aachen zu finden - und HIER.