USA bombardieren Atomanlagen im Iran - Angst vor Eskalation

Nahostkonflikt - Uran-Anreicherungsanlage in Fordo
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Krieg in Nahost

Washington/Teheran/Berlin (dpa) - Die USA haben sich dem Krieg Israels gegen den Iran angeschlossen und unterirdische iranische Atomanlagen bombardiert. Das Vorgehen von US-Präsident Donald Trump weckt international Befürchtungen über eine Ausweitung des Krieges im Nahen Osten. Mit dem überraschenden Angriff übergingen die USA Deutschland und andere europäische Staaten, die noch am Freitag mit Teheran über weitere Verhandlungen im Streit über das iranische Atomprogramm gesprochen hatten. 

US-Tarnkappenbomber warfen nach Militärangaben bei dem Einsatz mit dem Codenamen «Mitternachtshammer» 14 bunkerbrechende Bomben des Typs GBU-57 ab. Ziele seien die stark gesicherte Uran-Anreicherungsanlage Fordo und die Atomanlage in Natans gewesen, sagte Generalstabschef Dan Caine auf einer Pressekonferenz. Zudem seien Atomanlagen in Isfahan von einem U-Boot aus mit Marschflugkörpern beschossen worden.

Europäer rufen zu diplomatischer Lösung auf 

Während der Iran den USA mit Konsequenzen drohte, gab sich Washington trotzdem weiter gesprächsbereit gegenüber Teheran. Die israelischen Angriffe seit einigen Tagen wie auch der US-Angriff sollen verhindern, dass der Iran eine eigene Atombombe baut. 

Deutschland, Frankreich und Großbritannien riefen den Iran zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. «Den Iran fordern wir auf, Verhandlungen über ein Abkommen aufzunehmen, das alle Bedenken zu seinem Atomprogramm ausräumt», hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Keir Starmer.

Mögliche Gegenschläge des Irans

In Teheran und weiteren iranischen Städten gab es wegen der US-Angriffe staatlich organisierte Protestkundgebungen. Zu den Demonstranten zählte auch der Präsident Massud Peseschkian, wie die Nachrichtenagentur Fars berichtete. Zu den möglichen Gegenschlägen des Irans könnten weitere Luftangriffe auf Israel, Attacken auf US-Truppen im Nahen Osten sowie eine Schließung der Schifffahrtsstraße von Hormus gehören.

US-Außenminister Marco Rubio warnte Teheran davor, die für Öltransporte aus dem Persischen Golf wichtige Seeroute zu blockieren. «Falls sie das tun, wäre das ein weiterer schwerer Fehler. Es wäre wirtschaftlicher Suizid für sie», sagte er dem TV-Sender Fox News. 

Ausmaß der Schäden bislang nicht genau bekannt

Wie groß die erzielten Schäden an den Atomanlagen seien, werde geprüft, betonte Generalstabschef Caine. Der oberste Militär der USA widersprach damit indirekt Präsident Trump, der kurz nach den Angriffen von einer völligen Zerstörung gesprochen hatte. Satellitenbilder zeigten mutmaßliche Einschlaglöcher in Fordo. Zur Explosion dürfte es nach Caines Angaben tief in der Erde gekommen sein, weswegen oberirdisch auch kein Krater zu sehen sei. Strahlung wurde nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA nicht freigesetzt. Irans staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete, ein Bereich um die tief unter einem Gebirge gelegene Anlage Fordo sei beschädigt worden. 

Verteidigungsminister Pete Hegseth: Trump wollte friedliche Lösung

Trump hätte nach Worten von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth eine friedliche Lösung bevorzugt. Doch die Iraner hätten gemauert, sagte Hegseth vor Journalisten in Washington. Trump hatte eine «bedingungslose Kapitulation» der Führung in Teheran und ein Ende der Urananreicherung gefordert. Israel bombardiert den Iran seit dem 13. Juni, weil das Land nach Darstellung der Regierung in Jerusalem kurz vor der Erlangung einer Atombombe stand. 

Bei einer Ansprache im Weißen Haus kurz nach den Angriffen drohte Trump dem Iran mit weiteren Schlägen, falls Teheran nicht einen Weg des Friedens einschlagen sollte. «Wenn der Frieden nicht schnell kommt, werden wir die anderen Ziele mit Präzision, Schnelligkeit und Geschick angreifen, die meisten von ihnen können in wenigen Minuten ausgeschaltet werden.» Das Ziel der USA sei die Zerstörung der iranischen Kapazitäten zur Anreicherung gewesen.

USA nach Angriffen: Sind weiter gesprächsbereit

Die USA sind nach dem Schlag gegen den Iran nach eigenen Angaben offen für Gespräche. Hegseth sagte auf die Nachfrage eines Journalisten nach diplomatischen Möglichkeiten: Er könne nur bestätigen, dass öffentliche und private Nachrichten an die Iraner über mehrere Kanäle geschickt worden seien. Es sei bei den Angriffen nicht um einen Sturz der Führung in Teheran gegangen, betonte Hegseth. 

Irans Außenminister: USA verstehen nur Sprache der Gewalt

Der Iran drohte umgehend mit Konsequenzen und lehnte Gespräche ab. Die Tür zur Diplomatie sollte immer offen gehalten werden, «doch das ist derzeit nicht der Fall», sagte Außenminister Abbas Araghtschi in Istanbul vor Journalisten. Die USA verstünden nur «die Sprache der Drohung und der Gewalt.» Der Minister will sich am Montag mit der russischen Führung in Moskau beraten. Russland als enger Verbündeter des Irans kritisierte den US-Angriff scharf.

Irans mächtige Revolutionsgarden, die Elitestreitmacht des Landes, feuerten erneut Dutzende Raketen auf Israel. Es gab erhebliche Schäden, nach Angaben der Armee wurden 240 Gebäude mit rund 2.000 Wohnungen beschädigt. 23 Menschen seien verletzt worden, davon einer mittelschwer. Israel flog unterdessen neue Angriffe auf Ziele im Westen des Irans. 

Berlin, Paris und London für Sicherheit aller Länder im Nahen Osten

Merz sprach nach Angaben aus Regierungskreisen am Sonntag mit Macron und Starmer und wollte sich auch mit weiteren Partnern abstimmen. Die Dreier-Erklärung wurde nach Angaben der Bundesregierung auf Initiative von Merz verabschiedet. Deutschland, Frankreich und Großbritannien bekräftigten ihren Einsatz für Frieden und Stabilität für alle Länder der Region und ihre Unterstützung für die Sicherheit Israels. Man habe stets klar zum Ausdruck gebracht, dass sich der Iran niemals Nuklearwaffen verschaffen dürfe. 

Bundesaußenminister Johann Wadephul forderte Gespräche. «Jeder weiß: Es muss eine Verhandlungslösung geben», sagte der CDU-Politiker in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin». Deutschland und seine europäischen Verbündeten wollten diesen Prozess unterstützen. Die Anreicherung von Uran, die der Iran betrieben habe, sei «weit über jede sinnvolle zivile Nutzung» hinausgegangen, erklärte Wadephul weiter. 

USA haben viele Soldaten in der Region stationiert

Ob der Iran Vergeltung üben wird, bleibt abzuwarten. Auf den Stützpunkten des US-Militärs in der Region – etwa im Irak, in Katar oder in Kuwait – sind US-Medien zufolge insgesamt gut 40.000 Soldaten stationiert. Fraglich ist jedoch, ob der Iran nach den massiven Raketenangriffen auf Israel und der Zerstörungen vieler seiner Abschussrampen und Raketenlager durch die israelische Luftwaffe überhaupt noch in zu größeren Angriffen in der Lage ist.

Internationale Besorgnis wegen möglicher Ausweitung des Krieges

Nach den US-Angriffen auf die Atomanlagen im Iran wächst international die Sorge vor einer dramatischen Eskalation des Krieges. Westliche Länder sowie die UN und die Atomenergiebehörde IAEA forderten zur Entschärfung der Lage und einer diplomatischen Lösung auf. Dem Iran näherstehende Länder wie China und Russland verurteilten das amerikanische Vorgehe scharf. Auch Irans verbündete Milizen in der Region wie die Hisbollah im Libanon oder die Huthi im Jemen verurteilten die US-Angriffe, beließen es aber zunächst bei Worten.

Auch arabische Länder verurteilten den Angriff. Der Libanon äußerte die Sorge, in den Krieg hineingezogen zu werden. Der Krieg zwischen den Erzfeinden Israel und Iran bedeutet eine Eskalation der ohnehin dramatischen Lage im Nahen Osten. Israel führt seit dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober 2023 Krieg gegen die Islamisten im Gazastreifen. Zwischenzeitlich bombardierte Israel auch die mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon, die Huthi im Jemen und bestimmte Ziele in Syrien.

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